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Ride Lonesome - Country, Folk und viel Herz aus Hamburg


Ride Lonesome

Moin Thomas, wer seid ihr?

Ride Lonesome gibt es schon seit 14 Jahren. Von den Gründungsmitglieder sind noch Mike Jockers an der Gitarre und ich dabei. 2017 hat Gerhard Eising unsere frühere Geigerin abgelöst. Unser Bassist ist leider vor einem Jahr gestorben, seitdem springt Thomas Siebert von Passierzettel immer wieder ein, wir suchen aber nach jemandem, der langfristig dabei sein kann. Also wenn eine Bassistin oder ein Bassist das hier lesen…  Ich selbst schreibe die Songs, singe und spiele Autoharp, Mandoline und Dulcimer.


Euer neues Album zeigt das Elend der Welt in 12 Songs. Was meint ihr damit?

Haha… das habe ich mal im Gespräch mit einer Journalistin so rausgehauen… Aber bis zu einem gewissen Grad stimmt das. Zuerst habe ich mich sehr von dem Storytelling im Western beeinflussen lassen. Denn da geht es nicht nur um das ganze Drama von Rache, Liebe und Gewalt, sondern auch häufig - was nur Wenigen bewusst ist - um Kapitalismuskritik. Inzwischen löse ich mich zusehends von der Westernmetaphorik und erzähle Geschichten, die näher am Alltag sind, aber ich verliere nie das große Ganze aus den Augen. Und das ist ja leider ziemlich deprimierend. Entsprechend geht es in den Songs um Themen wie psychische Isolation, Ausbeutung, toxische Beziehungen, Flucht, Missbrauch, Kriegshetze, Macht- und Geldgier und ähnlich unerfreuliche Dinge. 

Kling irgendwie Melancholisch. Ist es das?

Jein. Ich versuche ja auch immer ein Fünkchen Hoffnung und Mut zum Widerstand beizumischen. Denn es gibt nicht nur die großen Krisen, es gibt auch viele Menschen, die sich nicht damit abfinden wollen und gemeinsam versuchen, den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen. Wir haben inzwischen eine riesige Bürgerbewegung, die mal gegen Rechts, mal gegen die Klimakrise mobil macht. Nach der Correctiv-Recherche sind allein in Hamburg spontan über 17.000 Menschen gegen die AfD auf die Straße gegangen! Das macht Hoffnung, aber leider berichten die regulären Medien viel zu wenig darüber. Entsprechend ist die Grundstimmung vieler Songs zwar schwermütig, es schwingt aber meist auch eine positive Energie mit, ein „Trotzdem". Mit „House of Earth“ ist uns sogar ein fast fröhlicher Protest-Song gelungen.

Wer oder was inspiriert euch für neue Songs?

Tatsächlich sind es diese großen Krisen und das Versagen der Menschlichkeit, die mich umtreiben. Aber ich versuche diese Themen immer in bildhafte Geschichten zu übersetzen, an die man besser andocken kann. „Word without Sound“ erzählt z.B. davon, wie eine Beziehung an Zukunftsangst zu zerbrechen droht. In „Cage of Glass“ geht es um ein Mädchen, das im Lockdown völlig in die Social Media-Welt abgedriftet ist und den Weg ins reale Leben nicht zurück findet. So bildet sich das Große im Kleinen ab.

Musikalisch inspirieren uns verschiedenste Quellen: Old Time, Folk aus den 60ern und 70ern, Alternative Country und natürlich große Songwriter wie Dylan, Neil Young, Tom Waits oder Gordon Gano, auch wenn ihr Sound sehr anders ist. Zu den jüngeren Einflüssen gehören Beirut, Woven Hand, Mattiel oder Geese.

Natürlich bringt jeder von uns auch seine musikalische Vergangenheit mit: Mike hat früher viel Stoner Rock gespielt, Gerhard war klassischer Geiger, hat sich aber auch im Bluegrass ausprobiert, und ich komme ursprünglich aus der Underground-, Punk-, und Garage-Ecke. Nebenher spiele ich noch in einer Neo-Kraut Band. Da kommt also einiges zusammen.


Wie viel St.Pauli steckt in Ride Lonesome?

Schon eine ganze Menge, aber es gibt eben nicht nur ein St.Pauli, sondern viele St.Paulis. Das ist mir schon in den späten 80er klar geworden, als ich in Läden wie dem Mitternacht, dem ersten Gun Club oder dem Molotow rumgehangen habe. Heute dominiert zwar das anspruchslose Touri- und Partyfolk, aber es gibt daneben immer noch das Rotlicht-Millieu, die Hafenstraße, die Sixties-Szene, die schäbigen Nachbarschaftskneipen, die Theater und Musicals, die Off-Orte der Kunstszene, die Obdachlosen usw. Vielleicht spiegeln sich vor allem diese Kontraste in unserer Musik wieder: Gentrifizierung vs. Hausbesetzung, Junggesellenabende neben rassistischen Polizeikontrollen, die Neonfassade und der offensichtliche Dreck in ihrem Schatten, und natürlich die ganzen gebrochenen und kaputten Biographien, die einem hier begegnen.


Kann man euch auch live sehen?

Aber natürlich, wir promoten ja gerade unser nagelneues Vinyl-Album „Bad Lullabies". Am 4. Dezember spielen wir in der Deichdiele in Wilhelmsburg und am 22. Januar sind wir im Hafenbahnhof in Altona. Wenn alles gut geht, ist auch Raphael Hünig am Cello dabei, außerdem Gesa Eggers und Maike Hoeft von Cookie Tuesday, die auf dem Album die Backing Vocals gesungen haben. Dann hätten wir fast schon eine Folk-Bigband zusammen. Ich freue mich jedenfalls riesig darauf!



Ride Lonesome Kunst&Kante

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